Reden auf der Kundgebung am 18.10.25

Gegen die Zerstörung des Sozial- und Rechtsstaats

 
 

Rede des Sozialwissenschaftlers Klaus Dörre

(Bei der Kundgebung vorgetragen von Joe Bauer, da der Autor kurzfristig seine Mitwirkung in Stuttgart absagen musste)

Verehrte Anwesende,
als ich am 18. Mai 2024 zum ersten Mal bei „Gemeinsam gegen rechts – für eine bessere Demokratie“ gesprochen habe, lautete meine Botschaft: „Die radikale Rechte ist besiegbar!“ „Wenn wir die Demokratie besser machen!“, fügte ich hinzu. Damals schien es tatsächlich so, als ließe sich die AfD in die Schranken weisen. Unter dem Druck von Demonstrationen, die bis zu 5 Millionen Menschen auf die Straße brachten, hatte die Rechtsaußenpartei in Umfragen erheblich an Stimmen verloren. Das war – leider – eine Momentaufnahme. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 2025 wurde die AfD stärkste Oppositionspartei. In der Arbeiterschaft hat sie mit 38 Prozent am besten abgeschnitten. Und unter Gewerkschaftsmitgliedern war ihr Anteil höher als unter Nichtmitgliedern.
Kaum weniger gefährlich ist die Unterstützung der Rechtsaußenpartei aus höchsten Kreisen. Bezeichnend, dass jetzt auch aus dem liberal-konservativen Establishment heraus offen für ein Einreißen der Brandmauer zur AfD geworben wird. Herr von Guttenberg u.a. gehen mit schlechtem Beispiel voran.
Angstvoll schauen Demokratinnen und Demokraten auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr – auch in Baden-Württemberg. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass wir die AfD demnächst in einem Bundesland in Regierungsverantwortung erleben.

Haben wir verloren? War und ist alles Demonstrieren vergeblich? Müssen wir uns mit dem Unvermeidlichen abfinden und uns an den neuen Autoritarismus gewöhnen, der demokratische Institutionen benutzt, um sie zu zerstören?
Meine Antwort lautet: Nein, Nein und nochmals Nein!
Die Parteien in der Mitte haben die Demokratie nicht besser gemacht. Sie sind vor der radikalen Rechten eingeknickt und haben auf wichtigen politischen Feldern deren Positionen übernommen.
Beginnen wir mit dem sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Industrie. Er ist dringlicher denn je, aktuell treiben wir statt auf 1,5 auf 3 Grad Erderhitzung zu. Der Planet brennt. Geht es so weiter, wird zur Mitte des Jahrhunderts 1 Mrd. Menschen nicht mehr in ihrem angestammten Klima leben können.
Kurzzeitig schien es so, als hätten auch aufgeklärtere Teile der Wirtschaftseliten dies begriffen. Künftig könnten „durch den Einsatz von rund 250 Milliarden US-Dollar an Fördermitteln auf äußerst kosteneffiziente Weise bis zu 37 Millionen naturfreundliche Arbeitsplätze“ entstehen, verkündete der Sprecher des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab. Von solchen Versprechungen ist nichts geblieben. Statt eines grünen Wirtschaftswunders sehen wir uns mit realer Deindustrialisierung konfrontiert. Im März 2025 verzeichnete das verarbeitende Gewerbe bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ein Minus von 127.000 gegenüber dem Vorjahr; die metallverarbeitende Industrie hat 93.000 Beschäftigungsverhältnisse eingebüßt. Stark betroffen ist die Autobranche. Allein 2024 wurden 19.000 Stellen gestrichen. In der Region Stuttgart weiß man, wovon ich rede.  Doch was sind die Ursachen der wirtschaftlichen Misere? Die Klima- und E-Auto-Planwirtschaft, behaupten Alice Weidel und die AfD. „Rechts sein heißt, für den Verbrenner zu sein“,  hatte Oliver Hilburger von der rechtsradikalen Pseudogewerkschaft Zentrum die Linie vorgegeben.
Unter der Formel „Technologieoffenheit“ folgen dieser Linie auch große Teile des konservativen Spektrums. Die Forderung nach einem Verbrenner-Aus, die Kanzler Merz mit Blick auf 2026 und die EU erhebt, wirkt wie Wasser auf die Mühlen der radikalen Rechten. Eigentliches Problem der Industrie allgemein und der Autobranche im Besonderen ist – neben der selbstverschuldeten Abhängigkeit von billigem Gas und Erdöl – die Innovationsschwäche großer Unternehmen.
Keiner der in Deutschland ansässigen Hersteller ist bisher in der Lage, einen konkurrenzfähigen E-PKW für unter 20.000 Euro anzubieten. Hinzu kommt, dass chinesische Autos den Modellen deutscher Hersteller auch technisch überlegen sind. Statt zu garantieren, wonach Unternehmen am meisten dürsten – nach Verbindlichkeit und Planungssicherheit – fährt die Merz-Regierung einen Zickzack-Kurs, der zusätzliche Unwägbarkeiten stiftet und dringend nötige Investitionen in Zukunftsmärkte erschwert.

Dies führt zu einer weiteren, politisch inszenierten Krisenursache. Folgt man den Mitte-rechts-Parteien und der AfD, ist das Bürgergeld schuld daran, dass die Leistungskultur verfällt. Nun sollen Fehler wiederholt werden, wie sie schon mit „Hartz IV“ begangen wurden. Wieder geht es darum, die Schwächsten der Gesellschaft unter Generalverdacht zu stellen. Ein gigantischer Überwachungsapparat wird in Gang gesetzt, um Angst zu erzeugen. Angst nicht nur bei etwa 800.000 Aufstockern, die hart arbeiten und dennoch Bürgergeld beziehen müssen, sondern auch bei denen, die noch in halbwegs sicheren Verhältnisse leben. „Hartz IV“ hat seinerzeit nicht mehr Arbeit geschaffen. „Hartz IV!“ diente als Prügel, um Menschen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu treiben. Denn nichts fürchten Menschen mehr, als unter jene Schwelle der Respektabilität zu sinken, die „Hartz IV“ markierte. Das soll sich nun mit der Grundsicherung wiederholen. Wer auf Fürsorge angewiesen ist, wird wieder als Bürgerin oder Bürger zweiter Klasse betrachtet.

Das ist auch deshalb fatal, weil das Arbeitskräftepotenzial absehbar schrumpft.
Zwischen 2024 und 2040 werden etwa sieben Millionen Arbeitskräfte mehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden als neu eintreten. Erwerbslosigkeit einerseits, Fach- und auch Arbeitskräftemangel in wichtigen Branchen andererseits, werden den Arbeitsmarkt der Zukunft bestimmen.
Abhilfe ließe sich nur mit Hilfe einer Migrationspolitik schaffen, die dafür sorgt, dass demokratisches Miteinander in Städten und Kommunen gelingen kann. Das geht nur mit einem ausgebauten Sozialstaat, der ein solches Miteinander ermöglicht. Die derzeitige Bundesregierung betreibt das genaue Gegenteil. Sie dehumanisiert die  Migration und will selbst mit den mörderischen Taliban verhandeln, um Geflüchtete leichter abschieben zu können. So bewegen sich die Parteien des politischen Zentrums Schritt für Schritt auf Positionen zu, wie sie zuvor allein die AfD vertreten hat.

Damit zum wichtigsten Punkt. Der Sozialstaat sei nicht mehr finanzierbar, wird uns immer wieder gesagt. Das trifft aber nur dann zu, wenn man die schreienden sozialen Ungleichheiten im Land für gottgeben hält.
Auch in Deutschland hat sich eine Trickle-Up-Ökonomie herausgebildet, in der die hohen Gewinne privater Unternehmen und deren wachsende Renditeanteile direkt zu Lasten der von Löhnen abhängigen Klassen gehen. Betrachten wir die Fakten:  Während die Gewinnentwicklung der DAX-Unternehmen im Krisenjahr 2024 negativ war, erreichte die Dividendenausschüttung nahezu Rekordniveau. In der kriselnden Autoindustrie gingen die Ausschüttungen zwar um 21 Prozent zurück; sie lagen damit aber noch immer deutlich über dem Niveau der Gewinne, die um 72 Prozent einbrachen. Selbst in einer Krisensituation haben sich die relativen Anteile der Renditen an den Gewinnen vergrößert. In der reichen Bundesrepublik lag der Bevölkerungsanteil, der von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen ist, 2023 bei 6,9 Prozent der unter 65-Jährigen.
6,2 Millionen Menschen waren nicht in der Lage, Mieten, Hypotheken, eine einwöchige Urlaubsreise oder einen Restaurantbesuch mit der Familie zu finanzieren.
Wen wundert es da, dass vielen das Hemd näher ist als die Hose und ökologische Nachhaltigkeitsziele an Bedeutung verlieren?!
Das alles wäre nicht nötig, wenn der gesellschaftliche Reichtum dorthin flösse, wo er benötigt wird – in Investitionen in Zukunftstechnologie, Infrastruktur und den sozial-ökologischen Umbau.  Folgt man der Expertise des Thinktanks Agora Energiewende, so werden für einen erfolgreichen sozial-ökologischen Umbau allein in Deutschland bis 2035 Investitionen in einer Größenordnung von elf Prozent der Wirtschaftsleistung benötigt. 80 Prozent dieser Investitionen fallen wegen der Erneuerung des Kapitalstocks ohnehin an und müssen von der Privatwirtschaft erbracht werden. Für den Staat verbleiben dann aber noch immer Investitionen in einer Größenordnung von ungefähr drei bis 3,5 Prozent des BIP – ein Bedarf, der in etwa dem entspricht, was laut EU-Beschluss künftig für das Erreichen von „Kriegstüchtigkeit“ aufgewendet werden soll.
Deshalb darf, wer vom Sozialstaat spricht, von der Aufrüstung nicht schweigen. Mit Blick auf den gegenwärtigen, staatlich geförderten Boom der Rüstungsbranche scheint alles möglich, was für die zivile Marktwirtschaft nicht gelten soll – großzügige Finanzierung um den Preis eines wachsenden Staatsdefizits, langfristige Planung, staatliche Abnahmegarantien und eine bewusste Monopolisierung, die Marktmechanismen verzerrt.
Obwohl tausende neue Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie entstehen, kann von einer nachhaltigen Arbeitsplatzstrategie keine Rede sein. Das zeigte sich unter anderem, als im Juni 2024 infolge möglicher Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg die Aktienkurse der Rüstungsfirmen um sechs Prozent einbrachen und Milliarden Euro an Börsenwert verloren gingen. Arbeitsplatzsicherheit in der waffenliefernden »Doppelindustrie« gibt es nur, wenn die Nachfrage nach Waffen langfristig gesichert wird.
Die effektivste »Konsumsituation« dieser Waffen ist der Krieg, warnte der Philosoph Günter Anders schon vor Jahrzehnten.

Wollen wir uns mit einer solchen Perspektive abfinden? Es kann nur eine Antwort geben: No pasaran! Sie kommen nicht durch!

Statt uns mit einer katastrophenträchtiger Politik zu arrangieren, ergibt es Sinn, entschlossen für Alternativen zu kämpfen: z.B. für einen ökologischen, demokratischen, inklusiven Sozialstaat, der zugleich ein Internationalstaat sein muss. Die Grundidee eines solchen Sozialstaates lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Tax The Rich und verwende die Einnahmen, um den sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft zu finanzieren. Die größten Vermögen und höchsten Einkommen tragen am meisten zur Erderhitzung bei, deshalb sollen sie entsprechend auch an den Kosten des Umbaus beteiligt werden. Damit wäre immerhin ein wichtiger Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit getan.
Das eine solche Politik erfolgreich sein kann, zeigt der jüngste Hamburger Bürgerentscheid. Gegen den ökologischen Backlash hat sich eine Mehrheit dafür ausgesprochen, Hamburg schon bis 2040 klimaneutral zu machen.
Die Kampagne wurde von einem breiten Bündnis getragen, von der Klimabewegung bis hin zu den Gewerkschaften. Was in Hamburg geht, ist auch in Stuttgart und anderswo möglich. Also packen wir es an! Und deshalb noch einmal: No pasaran


 

Rede von Dr. Ulrich Bausch. Initiative Aufbruch zum Frieden

Der deutsche Sozialstaat – so hören wir – sei nicht mehr finanzierbar. Bundeskanzler Merz erklärte kürzlich, alle müssten nun von ihrem verfügbaren Einkommen wesentlich mehr für Rente, Gesundheit und Pflege abgeben. Das Geld sei weg. Das hat viele Ursachen. Eine davon ist die erfolgreiche Politik der Reichtumspflege der letzten Jahrzehnte. Mit 171 Milliardären hat Deutschland heute  etwa so viele Milliardäre  wie Italien, Frankreich und England zusammen . Mehr gibt es nur in den USA, China und Indien – dort leben aber 1,4 Milliarden Menschen und nicht 82 Mio wie bei uns. Wir haben eine der höchsten Milliardärsdichten der Welt. 
Und da eine Vermögenssteurer und eine höhere  Erbschaftssteuer tabu sind, muss man ran ans Bürgergeld und ran an die Kranken. Die Zuzahlungen zu Medikamenten sollen deutlich erhöht werden. Diese Zuzahlungen haben mit Einsparungen nichts zu tun. Sie sind eine Kostenverlagerung zu Lasten der Kranken. 
Die Kranken sollen also sicherstellen, dass die Gesunden nicht zusätzlich belastet werden. Das Solidaritätsprinzip wird auf den Kopf gestellt. 

 Warum brauchen wir angeblich nun harte Einschnitte in den Sozialstaat? Antwort: Es sei eben kein Geld mehr da. 
 Gleichzeitig sollen zig Mrd. in Rüstung investiert werden. Der Umsatz von Rheinmetall betrug im letzten Jahr knapp 10 Mrd. und soll nun auf 50 Mrd. hochgefahren werden. Angeblich liegen dort Aufträge in Höhe von 63 vor. Rheinmetall wäre dann der weltgrößte Waffenproduzent.   Der Chef von Rheinmetall, Armin Papperger, hofft darauf, in fünf Jahren bereits 300 Mrd. umzusetzen . Panzer statt bezahlbarem Wohnraum.
Das sei notwendig, denn man müsse Deutschland wiederbewaffnen – die Bundeswehr sei ja blank – angeblich nicht verteidigungsfähig. 

Gleichzeitig verkündete Herr Pistorius Anfang September, Deutschland sei mit Abstand der größte Waffenlieferant für die Ukraine  und habe schon über 60 Mrd. für die Ukraine aufgewendet.  Das Dreifache Englands und mehr als das Doppelte Frankreichs.  Wir liefern Munition, Panzer, Mehrfachraketenwerfer, 1000ende bewaffneter Drohnen, Technik um feindliche Drohnen abzulenken und vieles mehr – in erheblichem Maße  aus Beständen der Bundeswehr. 

Wie kann es sein, dass wir Waffen liefern – wie kein anderes Land der Welt – (mehr als die USA), wenn wir doch gar keine haben?  Wenn wir blank sind und erst wiederbewaffnet werden müssen?
Wir liefern Waffen für einen Krieg der rein militärisch nicht gewonnen werden kann und verhindern mit der Forderung, Waffenstillstand zuerst, erst danach Verhandlungen, dass überhaupt Verhandlungen stattfinden können, denn auch ein Waffenstillstand müsste ja herbei verhandelt werden. 
Das Töten geht also weiter, Klimapolitik, Sozialpolitik und viele wichtige weitere Politikfelder – Bekämpfung von Fluchtursachen –  spielen plötzlich keine Rolle mehr. 
Ein neues Mrd.- Paket der EU soll nun die Verteidigung der Ukraine bis min. 2028 sichern  und der CDU–Politiker Roderich Kiesewetter schreibt auf X am 29. September, es müsse jetzt Schluss sein mit dem – Zitat –  „Gesülze von Friedensverhandlungen“, Angriffe auf militärisch relevante Ziele in Russland seien jetzt nötig. 
Welche Strategie wird hier verfolgt? Hat die EU überhaupt eine ?

 Noch mehr Waffenlieferungen an die Ukraine werden den Krieg verlängern. Gewinnen kann die Ukraine nicht, denn es fehlt ihr an Soldaten, während Russland – trotz sehr hoher Verluste – noch mehrere hundert Tausend rekrutieren könnte.
Roderich Kiesewetter und andere wollen Taurus-Raketen liefern, die dann in der Lage wären, Moskau zu bombardieren. Nach einem Taurus-Treffer wäre der Kreml nicht mehr existent. Russland würde noch härter zuschlagen, zu Lasten der Ukraine und mit Sicherheit würde der Krieg weiter eskalieren.  
Was dann? Wollen wir gezielt einen konventionellen Krieg zwischen Russland und der Nato, der dann mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine nukleare Auseinandersetzung umschlagen würde?
Deutschland wäre das Schlachtfeld.
Immer wieder ist von einem notwendigen Regime-Change die Rede. Putins Umfeld ist aber noch militaristischer und aggressiver als er selbst. Dann müsste man die russische Konföderation zerschlagen. Und dann? Chaos wäre die Folge und es wäre völlig unklar, wer dann die russischen Atomwaffen beherrschen würde. 
Worin besteht dann also die Strategie der Europäer?
 Aufrüstung um abzuschrecken. Und dann? 
 Ein Rüstungswettlauf schafft keine Sicherheit. 
Im Gegenteil. Wenn beide Seiten der festen Überzeugung sind, sie könnten von der anderen Seite angegriffen werden, erhöht sich das Risiko eines Krieges durch Fehlalarme oder Fehlinterpretationen des gegnerischen Handelns. 
Was machen wir denn dann, wenn wir „kriegstüchtig“ sind und unser Sozialstaat in Scherben liegt. Was dann? 
Die Behauptung, Russland wolle uns angreifen, ist eine nicht belegbare Spekulation und es gibt auch keine Aussagen aus dem Kreml, die eine solche Absicht erkennen lassen. 

Darüber hinaus  schafft es die russische Armee seit drei Jahren nicht einmal, bis nach Kiev vorzustoßen, ohne dass die Nato unmittelbar beteiligt wäre. Die Vorstellung, russische Generäle könnten nach dem Motto verfahren, ok die Ukraine ist eine Nummer zu groß für uns, also knöpfen wir uns jetzt mal die NATO vor, ist doch völlig absurd. 
Gut möglich, dass Moskau versucht, den Westen mit Bombardierungen an den Verhandlungstisch zu bringen, damit – so die russische Perspektive – endlich über die Neutralität der Ukraine und über russische Sicherheitsinteressen gesprochen werden kann. 
Eine verhängnisvolle Fehlannahme. Putins Bombardement hat gegenteilige Folgen: Verhärtung mit konkreter Eskalationsgefahr. 
Putin hat sich total verrannt. Er ging davon aus, er könne mit 90 T Mann nach Kiev spazieren, dort eine Marionettenregierung installieren und seine sog. Spezialoperation nach zwei Woche erfolgreich beenden. Er hatte die Pressemeldungen über den Erfolg seiner Operation schon im Februar 22 abfassen lassen. 
Putin hat sich fürchterlich geirrt. Er nahm an, der Westen würde so reagieren wie nach seinem Bombardement auf Aleppo oder nach seinen Kriegsverbrechen im Tschetschenienkrieg. Der Westen protestierte damals – mehr geschah nicht.
Auch die Europäer haben sich in eine Sackgasse manövriert. Der Glaube, man könne rein militärisch Putin zurückdrängen, war eine tragische Fehlannahme. 
Statt einem Kurswechsel wird jetzt  noch mehr vom Falschen gefordert. Noch mehr Waffenlieferungen, noch mehr militärischer Druck. 
Dieser Aufrüstungswahn muss aber gestoppt werden.  Die Nato ist auch ohne die USA den russischen Streitkräften haushoch überlegen. Dies belegt unter anderem eine Studie des Quincy-Institutes welches von hochrangigen Militärs und der CIA gegründet wurde. 
Und was will Trump? Profit – sonst nichts. Er hat vor vier Wochen  umgeschwenkt, weil die Europäer ihm versprochen haben, ihm die Waffen für die Ukraine abzukaufen.  Daher verkündete er plötzlich, die Ukraine können den Krieg gewinnen, man müsse nur ausreichend Waffen liefern.  
Mit diesen Waffen will er nun Druck auf Putin ausüben, um endlich seine Deals mit ihm abschließen zu können. Daher das geplante Treffen in Budapest. 
 Merz und Co schauen zu und überlassen das Feld der Diplomatie einem autoritären Antieuropäer. 

Wir brauchen dringend einen sofortigen Strategiewechsel. Konkret:
Nein zu weiterer Aufrüstung mit Offensivwaffen, denn sie ist nicht nötig, wird in Moskau als Bedrohung empfunden und führt zu einem unbezahlbaren und risikoreichen Rüstungswettlauf, der anderen Politikfeldern ( Klima, Soziales, Rente, Pflege, Wohnen;Fluchtursachen…) dringend benötigte Mittel entzieht. 
Nein zur Militarisierung unserer Gesellschaft, denn sie fördert den gefährlichen „Mythos der erlösenden Gewalt“.
Nein zu neuen Mittelstreckenraketen, denn es handelt sich um “Enthauptungswaffen“, die spannungsverschärfend sind.  
Wir fordern Verhandlungen mit Moskau, in denen auch die Sicherheitsinteressen Russlands respektiert werden. Ob wir diese für legitim halten oder nicht ist irrelevant. Sie sind Realität. Und eine Politik der Realitätsverweigerung ist eine Gefahr für uns alle. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Anzahl_an_Milliard%C3%A4ren
https://www.infosperber.ch/politik/deutsche-rheinmetall-soll-globaler-ruestungschampion-werden/

https://www.businessinsider.de/wirtschaft/rheinmetall-ceo-rechnet-mit-auftraegen-von-300-milliarden-euro/
https://www.wiwo.de/politik/deutschland/krieg-in-der-ukraine-pistorius-deutschland-nun-groesster-unterstuetzer-der-ukraine/100154392.html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1367150/umfrage/ukraine-krieg-ranking-groesste-unterstuetzer/
https://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-140-milliarden-waffenpaket-fuer-die-ukraine-russland-soll-zahlen/100158849.html
https://www.wiwo.de/politik/deutschland/krieg-in-der-ukraine-pistorius-deutschland-nun-groesster-unterstuetzer-der-ukraine/100154392.html



Rede von Sebastian Molter, Stuttgarter Asylpfarrer

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
 ich bin Sebastian Molter, Asylpfarrer der Evangelischen Kirche in Württemberg. Mich unterstützen natürlich außerdem die Mitarbeiter:innen im Asylbüro in der Christophstraße.
 Ihr, die Ihr euch schon länger engagiert als ich, wisst es: In Deutschland galten Demokratie und Menschenwürde ohnehin noch nie vollständig für Geflüchtete. Das Grundrecht auf Asyl ziert unser Grundgesetz, aber seit dem Asylkompromiss vor fast 35 Jahren gilt: Das Recht auf Asyl kann nur wahrgenommen werden, wer nicht über einen sicheren Drittstaat einreist. Also nur für Geflüchtete, die mit dem Flugzeug landen! Andere werden schon lange von Land zu Land in Europa hin- und hergeschoben, ohne dass sich jemand für ihre Geschichte interessiert. 
Neu ist, dass die Stimmen der Scharfmacher immer lauter werden. Ich rede nicht nur von rechten Spinnern, die ihre eigenen Kanäle in den neuen Medien haben. Ich rede auch von Medienkonzernen der bürgerlichen Rechte, die neuerdings eigene Fernsehkanäle betreiben. Auf YouTube etc. Vielleicht schaut ihr das auch manchmal. Ich kriege davon Kopfweh. Kopfweh, wenn auf diesen Kanälen nicht nur die Rechten hetzen, sondern auch Politikerinnen und Politiker der politischen Mitte. Aus Angst vor der AfD wird vereinfacht, werden alle Geflüchteten über einen Kamm geschert und auch gehetzt. Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen, werden lächerlich gemacht, gelten als naiv! Uns Kirchen wird vorgeworfen, dass wir Geflüchtete vor der Abschiebung in sichere Drittstaaten verstecken würden. 
Ein SPD-Innensenator eines norddeutschen Bundeslandes hat das kürzlich gesagt und behauptet, es gäbe keine Grundlage für das Kirchenasyl. Das sind aber Fake News. Wir verstecken niemanden, wir melden Kirchenasyle offiziell an. Es ist auch nichts Illegales. Im Rechtsstaat gelten nicht nur Gesetze, sondern auch Verträge, und die regeln durchaus, was Kirchenasyl ist. In Zeiten sozialer Medien und verschiedenster Kanäle wird die Debatte oft verzerrt. Es gibt Stimmen, die zu Verschärfungen in der Geflüchtetenschutzpolitik auffordern – auch von Politikerinnen und Politikern aus der Mitte. Und wehe, wer da protestiert oder gegen solche Verschärfungen Stellung bezieht: Dann wird man von Scharfmachern aus dem rechten Lager als Gutmensch verhöhnt oder sogar bedroht. Wenn Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen sich gegen die aktuelle Politik aussprechen, drohen Stimmen, das Kirchenasyl zu kriminalisieren. Oder behaupten, es gäbe eh keine gesetzliche Grundlage dafür. 
In einem Rechtsstaat gelten aber auch Verträge und Absprachen und nicht nur Gesetze! Die Regelungen, dass der europäische Staat, den Geflüchtete als Erstes betreten, für das Asyl zuständig ist, schaffen oft Unrecht. Gegenüber diesem Unrecht darf die Kirche nicht schweigen. Oft wird in Länder an europäischen Außengrenzen abgeschoben. Mit Menschenwürde hat das Asylverfahren dann nichts zu tun: In Bulgarien Geflüchtete in Lagern. Camps, wo Drogendealer eindringen, wo es nachweislich keinen Schutz vor sexuellen Übergriffen gibt. In Kroatien wird die Türkei als sicher eingestuft, Erdogan-Gegner mit Haftstrafen werden in Schnellverfahren abgelehnt. Deutschland schickte gerne in diese EU-Länder zurück und hält sich fein raus. Was hat das mit Menschenwürde zu tun? 
Immerhin: Baden-Württemberg zeigte viele Jahre noch ein gewisses Maß an Humanität; auch in den Kommunen haben Verantwortliche Abschiebungen nach Osteuropa oft verhindert. Die Landespolitik ändert sich seit letztem Jahr massiv. Im Evangelischen Asylbüro erleben wir täglich Beispiele: Eine 19-jährige Syrerin erhält einen Abschiebebescheid nach Bulgarien, direkt in so ein Lager dort. Recherchen, etwa vom Bayerischen Rundfunk zeigen: Gerade in Bulgarien sind Geflüchtete nicht sicher vor sexuellen Übergriffen, vor Bandenkriminalität und auch nicht vor Abschiebungen direkt nach Syrien. Ein anderes Beispiel: Ein minderjähriger Junge – auf Schwäbisch: ein Bub – verliert einen Schneidezahn durch brutale Polizeieinsätze in Bulgarien. Jetzt ist er volljährig und soll dahin zurück. Sein Rücken zeigt noch die Spuren von Folter der bulgarischen Polizei. Ärztliche Atteste halten dies für sehr plausibel, wie auch die erwähnten Recherchen. Trotzdem: Das Bundesamt für Flüchtlinge will ihn zurück nach Bulgarien schicken. Das soll kein Angriff auf die Menschenwürde sein? Das ist ein Angriff auf die Menschenwürde! Und wir lassen uns in solchen Fällen nicht das Kirchenasyl als Instrument nehmen! A
llein schon die Formulierungen in den Bescheiden von Bundesamt für Flüchtlinge und auch leider manchmal von Gerichten sind unglaublich. Wenn dort begründet wird, warum Bulgarien und Kroatien gar nicht so schlecht seien für junge, schutzlose Menschen. „Die Schwelle der Verletzung von Menschenwürde hat noch nicht das Maß erreicht, das eine Aussetzung der Abschiebung verhindern würde“. Das steht dort wirklich! Ich finde solche Formulierungen sind ein Skandal für einen Rechtsstaat! Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt es im Grundgesetz. Punkt! 
Und überhaupt: Seit wann gibt es denn in einer Demokratie geschützte Räume mehr vor staatlichen Übergriffen? Das kann doch nicht wahr sein?! Ich rede nicht nur vom Kirchenasyl. Auch andere, die Geflüchteten privat helfen. Seit wann kann ein Rechtsstaat Hilfen und private Initiativen verbieten?! Das Private, das Privateigentum, ist doch im liberalen Rechtsstaat sonst so heilig?! Und nun sollen wir als Kirchenvertreter nichts mehr sagen dürfen und Menschen nicht mehr schützen dürfen?! Nicht mit uns! Wenn Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft weniger Würde haben sollen, können wir das nicht schweigend hinnehmen. Wir lassen das Kirchenasyl nicht kriminalisieren! 
Noch eine Bemerkung zu den aktuellen Plänen der Bundesregierung bzw. ihrer europäischen Partner zur gemeinsamen europäischen Asylpolitik. Auch hier werden wir nicht schweigen: Geflüchtete sollen an Flughäfen künftig zentral untergebracht werden, ihr Zugang zu Beratungsstellen wird erschwert, sie sollen gar nicht mehr die Chance haben, Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen der EU zu berichten. Das akzeptieren wir nicht! Wir klagen, wir lassen nicht zu, dass der Rechtsstaat kaputt gemacht wird. Der Rechtsstaat ist für alle da! Danke!



Rede von Gratian Riter, Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus:

Liebe alle! Was für ein wunderschönes Stadtbild!

Ich überbringe euch demokratische Grüße aus Schorndorf. Danke dafür, dass ihr hier seit und euch gegen die Zerstörung des Sozial- und Rechtsstaats einsetzt.

Ich wohne in Schorndorf, im Rems-Murr-Kreis, doch ich bin in Sillenbuch als Kind einer alleinerziehenden Mutter groß geworden, ich habe in Stuttgart studieren können und habe in Stuttgart Süd und West gelebt. Ich kenne diese Stadt von innen und von außen. Und ich weiß dass sie, je nachdem welche Perspektive man einnimmt sehr unterschiedlich aussieht. Ich habe in Stuttgart in Armut gelebt.

Man merkt es nicht, was es bedeutet wenn der Sozialstaat wegbricht, wenn man ihn nicht braucht.

Wer heute im Dorotheenviertel einkaufen kann, der hat keine Vorstellung davon, was der Anstieg der Lebensmittelpreise für Menschen bedeutet. Die kann er auch gar nicht haben. 

Wer sich seinen Wocheneinkauf von Hello Fresh liefern lässt, hat keine Chance, die folgenden Beobachtungen zu machen:

Da ist die Mutter mit ihrer Jugendlichen Tochter, die auf dem Handy die Preise dessen zusammenrechnet, was sich in ihrem Einkaufswagen befindet.

Da ist der Vater, der schnell mit seinem Grundschulkind am Schokoregal vorbei geht, das ihn daran erinnert, die Schokolade nicht zu vergessen. 

Der Vater, dem man ansieht, dass er verschweigt, dass man nicht noch mal am Schokoregal vorbeikommen wird. Seine Kleidung verrät, er arbeitet für Netze-BW.

Da sind die Einkaufswägen der Rentner*innen, deren Inhalt mit Ernährung eigentlich gar nichts mehr zu tun hat. 

 Wenn ich vom Einkaufen komme, bin ich traurig. 
Nein, mir bricht das Herz, für die Jugendliche, und ihre Mutter.
Mir bricht das Herz für den Vater und sein Kind.
Mir bricht das Herz für die Rentner*innen.
Unser Sozialstaat versagt bereits jetzt darin, mit der Inflation umzugehen. Und in dieser Situation legt Rot-Schwarz die Axt ans Bürgergeld. Das ist kalt, Das ist unverzeihlich und das ist, wie wir alle wissen, noch nicht mal ökonomisch sinnvoll. Da ist so wenig zu holen, dass entlastet den Haushalt nicht. 
Was ihn entlasten würde, wäre ein Verdichten der Lücken bei der Erbschaftssteuer, die Beendigung der Aussetzung der Vermögenssteuer und vielleicht macht es auch Sinn Subventionen zu hinterfragen die Buchstäblich die Klimakatastrophe weiter anheizen. 

Es ist eine Binse, dass der Abbau des Sozialstaats Wasser auf die Mühlen der Faschisten ist. In den Worten des ehemaligen Pressesprechers der AfD Fraktion Christian Lüth: “Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD”.

Wenn er damit recht hat, dann kann man aus den  Zustimmungswerten der AfD ablesen, wie gut es den Menschen geht. Dann ist ein funktionierender Sozialstaat gewissermaßen ein Teil der antifaschistischen Brandmauer.

Und diese Perspektive ist es, die im Dorotheenquartier unsichtbar ist. Die man aber in Schorndorf, in Ludwigsburg, in Backnang haben kann. Der Kessel ist eine Perspektivengrenze

Schauen wir uns die Zahlen an: Bei der Kommunalwahl 2024 in Stuttgart kamen die Faschisten auf 8,3 Prozent, in Schorndorf bekamen sie 13,7 Prozent, allerdings gibt es deutliche Ausreisser, bspw. in der Gemeinde Kaisersbach im Rems Murr Kreis, dort gingen bei der Bundestagswahl 2025 schon 25 Prozent an die Faschisten. Und auch einzelne Stadtteile von Schorndorf erreichen bis zu 30 % Durchdringung. Die Verhältnisse sind im Stuttgarter Umland besser als in Brandenburg, aber sie sollten es auch bleiben und sie sollten sich verbessern.

Üblicherweise ist die Zustimmungsquote besonders dort hoch, wo die Menschen besonders schlimm von einer Politik dieser Partei betroffen wären, hätte sie was zu sagen. Aber darum geht es bei dieser Politik nicht. Es geht darum einen Sündenbock zu finden, für die Verhältnisse. Dabei übersehen die, die blind den Feinden armer Menschen hinterherlaufen, dass die innere Logik des Faschismus immer weitere Ausschließungen nach sich zieht. Wir alle kennen das Zitat, von Martin Niemöller, der 1946 Folgendes sagte:

Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.

Darin kommt diese innere Logik des Faschismus zum Ausdruck. Der Faschist braucht immer jemanden auf den er herabsehen kann, den er als minderwertig betrachten kann, den er vernichten kann. Und wenn er damit erfolgreich ist, braucht er einen neuen, der dann aus der Menge der Menschen ausgeschlossen wird, die davor noch zu den Faschisten gehören durften. 

Und vulnerable Gruppen, wie Menschen in Armut, Wohnungslose, queere Menschen, Menschen mit Behinderung, geflüchtete Menschen, usw. sind besonders leicht auszuschließen, weil fast niemand ihre Interessen vertritt, weil fast niemand für sie lobbyiert. 

Natürlich gibt es Gruppen, die für die genannten Menschen arbeiten. Eine Vielzahl an eingetragenen Vereinen macht – häufig ehrenamtlich – gesellschaftliche Arbeit, in der sich der Wille der Zivilgesellschaft ausdrückt, dass die Würde des Menschen für alle gilt, nicht nur für den Kanzler und sein Stadtbild.

Von Antonio-Amadeu Stiftung bis zur Tafel betreiben diese Vereine dort die Sicherung der Menschenwürde, wo die BRD das nicht tut, wo ihr die Empathie fehlt, wo der Sozialstaat versagt und seit Februar diesen Jahres wird diese Zivilgesellschaft massiv angegangen.

Ich zitiere aus dem Papier “Desinformation, Diffamierung und Defunding” von Lobby Control – Zivilgesellschaft unter Druck:

Die Strategien zur Schwächung der Zivilgesellschaft reichen von Diffamierung und Desinformation, über Infragestellen von Beteiligungs- und Klagerechten bis hin zu Versuchen, öffentliche Fördergelder zu streichen. Die Angriffe geschehen sowohl auf europäische Dachverbände über die europäische Ebene als auch direkt auf deutsche Initiativen und Verbände.
Negative Auswirkungen sind bereits jetzt sichtbar: Vereine, die sich vormals für demokratische Werte eingesetzt haben, verstummen. Öffentliche Gelder stehen unter Vorbehalt. Zivilgesellschaftliche Instrumente und Rechte drohen eingeschränkt zu werden.

Diese Studie findet man auf Lobbycontrol.de.

Zurück nach Schorndorf. Genau diese Dinge passieren auch hier. Als die Kampagne gegen die NGOs Anfang des Jahres mit den so genannten “551 Fragen” losgetreten wurde, fand sich das kleine Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rrchtsextremismus plötzlich in der Zeitung “Die Welt” wieder. Ein unanständiges diffamierendes Geraune, aber hört selbst:

Die Mail ist kurz, der Ton intim, man ist beim Du. „Deutliche Zeichen für unsere Demokratie zu setzen ist heute wichtiger denn je. Wäre schön, wenn wir uns in Backnang sehen!” Auch Ricarda werde mit dabei sein. Der Aufruf zur „Demo für Demokratie und Vielfalt mit Ricarda und Ralf” am vergangenen Sonntag ging per Mail an die Mitglieder des „Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus e.V.” Dort provozierte er Fragen. Zum Beispiel, ob diese „Demo” nicht eher eine Wahlkampfveranstaltung sei, wie Vereinskreise gegenüber „Der Welt“ argwöhnten. Und ob es sein könne. dass es da Leute gebe, die im Schorndorfer Bündnis nichts anderes als Statisten für den Wahlkampf suchten?

Man kann aus der Mail drei Dinge schließen: Irgendein Mitglied leitet unsere Mails an die Welt weiter. Wir leben unser Leben so, dass Springer was dagegen hat. Man will uns an den Karren fahren, hat aber nichts in der Hand. 

Insgesamt soll das kleine Schorndorfer Bündnis eingeschüchtert werden. So weit, so harmlos.

Aber es kommt dicker. Inzwischen kämpfen wir tatsächlich um unsere Gemeinnützigkeit. Und die wird gekoppelt an die Frage, ob wir die AFD nennen, oder nicht. Atemberaubend ist die Argumentation des Finanzamts, das ein Gespräch ablehnt: Sie führen unsere Ausgaben an und rechnen dann den Anteil unserer Mittel aus, die aus Sicht des Finanzamtes gegen die AfD eingesetzt wurde. Unsere Arbeit richtet sich in Wirklichkeit natürlich gegen Hass und Hetze, und unseren Widerstand haben auch schon Rot, Grün, die FDP und die CDU zu spüren bekommen. Jedenfalls nehmen sie diesen Anteil und sagen, der sei kontinuierlich gestiegen. Es sei offensichtlich, dass wir Parteipolitik betrieben, und diese sei nicht gemeinnützig. 

Wie abenteuerlich diese Argumentation ist, zeigt sich an folgendem Umstand: Bei einer Kundgebung gegen Hass und Hetze, die sich gegen einen sogenannten Bürgerdialog der AfD wendete, bezahlten wir alleine für Bühne, Technik und Techniker 2700 €. Eine andere Veranstaltung mit dem Titel “Sturmflut der Lügen” mit dem Beauftragten gegen Antisemitismus der Landesregierung Michael Blume kostete uns insgesamt 40 €. Also selbst wenn man dem nicht folgt, dass das Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus wendet und dieser halt bei bestimmten Parteien häufiger zu finden ist als bei anderen, ist diese Rechnung eine offensichtliche Milchmädchenrechnung. 

Wir sollen unter Druck stehen, von innen und von außen. Die Konsequenz, wenn wir diesem Druck nachgäben, wäre eine Stimme weniger, die Rassismus und Rechtsextremismus entgegen tritt, eine Stimme weniger gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

Aber nicht mit uns.

Wir wehren uns dagegen, und wir machen weiter, wir protestieren gegen Rassismus, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit jeder facon und wenn das hauptsächlich von der AfD kommt, dann ist das eben so. Bei uns bekommt auch der entgleiste Kanzler contra. Und wenn ich das noch erwähnen darf. Was für ein wunderschönes Stadtbild Stuttgart heute bietet.

Zum Schluss zitiere ich nochmal aus der lesenswerten Studie von lobby control: 

Die Diffamierungskampagnen kombinieren Strategien aus den Playbooks autoritärer Machthaber mit aggressiven PR-Strategien mächtiger Konzerne.

Nicht vergessen. Antifa steht einfach nur für antifaschistisch. Aus gegebenem Anlass: Demokrat:in zu sein heißt auch immer Antifaschist:in zu sein.

Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass die AfD verboten werden muss

Danke dass ihr hier seid, danke dass ihr zuhört

Wissenschaft ist echt

Asyl ist ein Menschrecht

Transrights are human rights.

 
 
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